Folge 4: Der Sport während des Dritten Reiches

Montag, den 23. Januar 2012 um 01:03 Uhr
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100 JahreDie dreißiger Jahre sind gekennzeichnet von finanzieller Not und großer Arbeitslosigkeit. Zudem zwingt der Nationalsozialismus ab 1934 Turnen und alle Fachverbände unter das Dach des Deutschen Reichsbund für Leibesübungen (DRL) mit einer Einheitssatzung für alle Turn- sowie Sportvereine. Dadurch werden die Klassen auch wieder neu geordnet.

Betriebssport, Wehrmacht und die Dienste in der SA und SS entziehen den Vereinen die erwachsenen Mitglieder. Das kostet den Verein die halbe Herrenmannschaft. Ab 1934 wird die Turn- und Sport jugend (14-16 Jahre) in die Hitlerjugend eingegliedert und ab 1936 die Kinder in das Jungvolk (10-12 Jahre). Dabei hat der neue Fußballobmann Harry Martens gerade den Nachwuchs wieder so erfolgreich auf­gebaut. Die Jugend stellt die allseits gefürchtete "Kanonenmannschaft", ganz im Jargon der Zeit. Sie steigt in die Herren-Klasse auf.

Als man 1937 das 25-jährige Jubiläum der Fußballabteilung feiert, sieht es ganz, ganz traurig aus, die 1. Her­renmannschaft muss aus dem Spielbetrieb mangels Masse zurückgezogen werden. Voller Wehmut blickt man auf vergangene erfolgreiche Zeiten zurück. Immerhin kann man die alte "Kanonen mannschaft" für ein Freund­schaftsspiel gegen den alten Rivalen Harburger Turnerbund auf dem MTV-Platz zusammentrommeln.

Im November 1938 begeht der MTV sein 90-jähriges Bestehen in sorgenvoller Zeit. Die Fußballer veranstalten einen Nachmittag mit Freundschaftsspielen. Eine rasch aufgestellte Jugendmannschaft spielt gegen Eintracht und gewinnt 6:0. Die Eintracht gratuliert den Turnern anschließend mit einem rot-weißen Blumengebinde. Die Herren bestreiten endlich mal wieder ein Punktspiel, das sie gegen MTV Bevensen 5:2 gewinnen. Die Alten Herren spielen 4:0 gegen Teutonia Uelzen. Das alles sind hoffnungsvolle Geburtstagsgeschenke, doch leider nur von kurzer Dauer.

Der Start der neuen Saison 1939/40 wird ein Opfer des beginnenden Krieges. Zahlreiche MTVer werden ein­berufen, auch ihr so erfolgreicher Obmann, Trainer und Herrenspieler Harry Martens. Er gehört schon 1940 zu den Gefallenen. Nachdem der gesamte Vereinsbetrieb für einen halben Monat ruht, kann man sich notdürftig wieder neu organisieren. Für die Kriegszeit wird für die noch spielenden Fußballer eine Kreisliga gegründet mit folgenden Vereinen: MTV, MSV (Militärsportverein), LSK, Eintracht, RB Lüneburg (Reichsbahner), RB Uel­zen, Teutonia Uelzen, SV Winsen und MTV Borstel. Der MTV schließt bei Halbzeit mit dem 2. Platz ab. Nach dem ersten Spiel am 3. März 1940 ist endgültig Schluss. Die Spur der Fußballer verliert sich 1941 gänzlich und geht im Kriegsgeschehen unter.

100 Jahre

Der Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg

Als am 8. Mai 1945 der Krieg zu Ende geht, ist die Not so groß wie nie zuvor. In Lüneburg müssen Ausge­bombte, Flüchtlinge und Vertriebene untergebracht und versorgt werden. Die Läden sind leer, es gibt fast nichts zu kaufen, und das Wenige nur auf Marken. Das Geld ist kaum etwas wert. Und doch kommt schon zum Sommer 1945 wieder neues Leben in den Verein. Auch die Fußball-Abteilung sammelt sich wieder. Zum Herbst 1945 erstellt der Stadtausschuss für Leibesübungen einen Spielplan für die Stadtvereine und auch einige Land­vereine sind schon vertreten. Nachdem man hier Meister geworden ist, spielt der MTV in der Hamburg-Staffel. Wegen der schlechten Fahrverhältnisse - die unregelmäßig fahrenden Züge sind übervoll, die Leute sitzen auf den Trittbrettern und auf den Dächern, - muss die Mannschaft zurückgezogen werden. Eine große Mutlo­sigkeit macht sich breit. Und dennoch kommt man wieder in Gang.

Spielplan 1945Den schwierigen Beginn hat der junge Uwe Rolff so anschaulich, so humorvoll und so authentisch geschildert: "Nur wenige Fußballer konnten 1945 bei Kriegsende an dem von Heinz Dahl neu ins Leben gerufenen Spiel­betrieb wieder aktiv teilnehmen. Etliche Spieler waren im Felde geblieben, andere mussten auf Grund erlittener Verwundungen den Fußballsport ganz aufgeben. Dennoch gelang es, allen Schwierigkeiten zum Trotz, wieder zwei beachtliche Mannschaften auf die Beine zu stellen. Und die Erste konnte sich anfangs durchaus mit den übrigen Lüneburger Mannschaften messen. Allein, die Zeiten waren schwer! Die Abteilung nahezu auf sich selbst gestellt, fand nicht immer das notwendige Verständnis innerhalb des Vereins. Wir hatten in materieller Hinsicht, den ausgesprochenen Fußballvereinen gegenüber, kaum Gleichwertiges zu bieten. Es fehlte an allen Ecken und Kanten. Konnten auch die Sporthosen aus alten Fahnen ,gebastelt' werden, so waren die Fußball­stiefel ein schier unlösbares Problem. Da warteten beispielsweise die Spieler der 1. Mannschaft schon unge­duldig auf die Beendigung des Vorspiels, um von den Reservespielern die Stiefel - oftmals auch die Kluft ­übernehmen zu können. Im Zeichen der Benzinrationierung war die Beschaffung von Fahrzeugen ein Problem ganz besonderer Art. Nur unserem guten Paul Wittig war es zu danken, wenn es überhaupt einmal zu einer Fahrt kommen konnte. Gelang es ihm einmal, seinen LKW zur Verfügung zu stellen, dann wurden alle hinten im dunklen Kastenwagen verfrachtet, und mit ,50 Sachen Spitze' ging es über Stock und Stein durch die viel gepriesenen ,Deutschen Lande', von denen nichts zu sehen war, dabei verschoben sich unsere ewig knurren­den Mägen mißbilligend von links nach rechts und von oben nach unten. Da wir unseren ,Kohldampf' wegen der Dunkelheit dort hinten in unserem Kasten leider nicht mit einem zünftigen Skat ablenken konnten, wurde dann meistens gesungen, oder, soweit vorhanden, der ,Knösel' mit der guten Marke Eigenbau gedampft. War zwar nicht gerade ein Hochgenuß, - dafür aber die Luft umso dicker. Am Zielort angelangt, ging es dann mit doppeltem Eifer ins Spiel. Immerhin - unvergessene und gewiß nicht die schlechtesten Erinnerungen! Zu all diesen Schwierigkeiten kam noch hinzu, daß uns kein eigener Platz zur Verfügung stand. Dieser wurde ja be­kanntlich von den Engländern beschlagnahmt, nachdem wir zuvor, gemeinsam mit den anderen Abteilungen, in mühevoller ,Freizeitgestaltung', die vorhandenen Bombentrichter auf dem Spielfeld beseitigt hatt'en. Abwan­derungen - überwiegend gerade der befähigten Spieler - waren unter diesen geschilderten Umständen un­vermeidbar. Die Folge war ein Auf und Ab, ein Hoch und Tief in unserer Abteilung. Dank immer noch zur Stange haltender Idealisten konnten aber dennoch alle auftretenden Tiefs überbrückt werden. Immer wieder fanden sich beherzte Männer, welche die Geschicke in ihre Hände nahmen und mit ihrem persönlichen Einsatz sorgten, daß der Fußball in unserem Verein bestehen bleiben konnte. So erinnern wir uns an dieser Stelle gern und dankbar der Namen: Heinz Dahl, Reinhard Seidel, Robert Hans, Willi Schreiber und Heinz Sickmüller. Allein drei Kreismeisterschaften unserer Ersten, in der Zeit nach 1945, sprechen nicht zuletzt auch für erworbene Verdienste dieser Fachwarte."

Mangels Interesse werden wir diese Serie hier nicht mehr fortführen und verweisen auf das Chronk-Heft, dass es bei allen MTV Treubund-Sportparks gegen eine Spende zu bekommen gibt. Dort wird dan noch über die 50er, 60er, 70er, 90er und von heute mit jede Menge Fotos berichtet.

 
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